91° – Kundenmagazin der Eternit-Werke

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Unter einem Dach – Multifunktionales Stadtteilzentrum in Almelo (NL)

Im Stadtteilzentrum „Eninver“ im niederländischen Almelo treffen Schule, Jugendzentrum, Kindergarten und Bürgerbüro unter einem Dach zusammen. Der farbenfrohe Neubau der Haager Architektin Vera Yanovshtchinsky schafft eine homogene Hülle für die vielfältigen Funktionen und setzt auch städtebaulich ein wichtiges Zeichen.

„Eenheid in Verscheidenheid“, also „Einheit in Vielfalt“, kurz „Eninver“ – mit diesem prägnant formulierten Anspruch stellt sich das neue Stadtteilzentrum in Almelo nach außen dar. An prominenter Stelle in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof und direkt an der Grenze zwischen den beiden Quartieren Aalderinkshoek und Kerkelanden gelegen, bietet die Einrichtung den Bewohnern beider Viertel eine breite Palette unterschiedlichster Angebote: Neben zwei getrennten Bürgerbüros stehen drei Grundschulen, ein Kindergarten, eine Kindertagesstätte, verschiedene soziale und kulturelle Einrichtungen sowie ein Jugendzentrum zur Verfügung.

Um das ambitionierte Projekt optimal in den heterogenen städtebaulichen Kontext zu integrieren, entwickelte die mit der Planung beauftragte Architektin Vera Yanovshtchinsky ein lang gestrecktes, dabei kantig geschnittenes Gebäude-Ensemble, das je nach umliegender Bebauung mit zwei oder drei Geschossen ausgebildet wurde. Zentraler Blickfang ist die auffallende Fassadengestaltung mit Aluminiumfenstern und horizontal gegliederten, unterschiedlich breiten Faserzement-Paneelen in den Farben graublau, hellgrau, weiß und beige. Die kontrastreiche Detaillierung betont den eleganten, flachen Charakter des Neubaus. Gleichzeitig bietet sie einen lebendigen, dabei aber homogen gestalteten Akzent an der viel befahrenen Kreuzung Aalderinkssingel/Apollolaan und schafft so ein markantes Zeichen für die geplante städtebauliche Umwandlung des innenstadtnahen Areals.

Die Erschließung der unterschiedlichen Einrichtungen des Stadtteilzentrums erfolgt über ein gemeinschaftlich genutztes, durch kreisrunde Oberlichter geöffnetes Foyer im Kern des Neubaus. Je nach Anlass des Besuches gelangt man von hier aus in den öffentlich zugänglichen Bürgerbereich entlang der beiden Straßen Aalderinkssingel und Apollolaan oder in den rückwärtig gelegenen Gebäudeflügel mit den Schulen und dem angrenzenden Schulhof. Um die Eigenständigkeit der verschiedenen Nutzer zu betonen, verfügen sämtliche Einrichtungen neben diesem gemeinschaftlichen Zugang aber auch über einen zusätzlichen eigenen Eingang.

„Für eine optimale Lösung haben wir schon zu Beginn der Planung eng mit sämtlichen späteren Nutzern zusammen gearbeitet“, blickt Architektin Vera Yanovshtchinsky zurück. Aufbauend auf diesen intensiven Dialog mit den verschiedenen Parteien gelang es schließlich, den Wunsch nach Identifizierbarkeit mit dem Bedürfnis nach gemeinschaftlich nutzbaren Funktionen und dem städtebaulichen Anspruch nach einem homogenen Äußeren zu verbinden. „So profitieren die unterschiedlichen Einrichtungen voneinander, ohne dabei ihre Eigenständigkeit zu verlieren.“

Ein wichtiges Resultat der engen Zusammenarbeit war die Integration des ursprünglich gar nicht im Raumprogramm vorgesehenen und erst im Verlauf der Planung in Absprache mit allen Beteiligten entwickelte Foyer. „In dem lichtdurchfluteten Raum können die unterschiedlichsten Aktivitäten wie Feste oder Märkte stattfinden“, so Vera Yanovshtchinsky. „Die breite Holztreppe zwischen den beiden Ebenen lässt sich dabei ohne irgendwelche Umbaumaßnahmen als flexible Tribüne nutzen.“ Ein weiteres Ergebnis des Dialoges mit den Nutzern ist die angepasste Farbgestaltung im Innenbereich des Neubaus: Um auch hier ihre Eigenständigkeit zu betonen, hatten sämtliche Einrichtungen die Möglichkeit, aus einer vorgegebenen Farbpalette den jeweils eigenen Farbton für Flure und Wände auszuwählen.

Entsprechend der Vorbildfunktion des Stadtteilzentrums verfügt das Gebäude über eine avancierte Gebäudetechnik zur Minimierung des Energieverbrauchs. Neben hoch effektiven Wärmetauschern sowie Betonkernaktivierung zur Nutzung der Speicherfähigkeit des Betons zum Kühlen und Heizen des Gebäudes wurde auch eine automatische Lichtsteuerung mit Bewegungsmeldern integriert. Das Ergebnis dieser Maßnahmen kann sich sehen lassen: Alles in allem verbraucht das Stadtteilzentrum rund 40 % weniger Energie als ein herkömmlich errichteter Neubau.

© Text: Robert Uhde

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