“Mitten in die Hauptstadt gebeamt”

Created for mapolis in 2011

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Otto Bock Science Center für Medizintechnik in Berlin

Mit seinen organisch mäandrierenden Fassadenbändern aus strahlend weiß beschichteten Aluminiumblechen fällt der sechsgeschossige Neubau der Otto Bock Healthcare GmbH im architektonisch sonst so streng geordneten Berlin deutlich aus der Reihe. Fast wirkt es, als hätte jemand über Nacht eine moderne Version des berühmten Einsteinturmes von Erich Mendelsohn von Potsdam mitten in die Hauptstadt gebeamt!

CI-gerechte Umsetzung der Unternehmensphilosophie

Zugegeben, ganz so spektakulär stellt sich die Genese des auf halber Strecke zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor gelegenen Neubaus dann doch nicht dar. Aber immerhin haben sich die beauftragten Gnädiger Architekten die Freiheit genommen, sich bei ihrer Planung eher von Prinzipien der Natur und von Strategien der Markenbildung als von den strengen Vorgaben der Berliner Gestaltungssatzung leiten zu lassen. Mit überzeugendem Ergebnis: Herausgekommen ist ein dynamischer, an seinen Kanten elegant abgerundeter Baukörper, der umlaufend von unregelmäßig geschwungenen Fassadenbändern eingehüllt wird. Die nahe liegende Assoziation an organische Strukturen von Muskelfasern ist dabei durchaus erwünscht: als CI-gerechte Umsetzung der Produktpalette und der Unternehmensphilosophie des Weltmarktführers für Prothetik und als harmonisches Modell für die dort angestrebte Harmonie zwischen Mensch und Technik.

Wie im Merzbau von Kurt Schwitters

Hinter der extravaganten Fassade mit den scharf geschnittenen Aluminiumblechen und der bündig ohne Laibung ausgebildeten Stufenfalzverglasung steht dem Unternehmen ein ebenso spektakulärer Innenraum mit einer flexibel nutzbaren Bruttogeschossfläche von rund 2.300 Quadratmetern zur Verfügung. Die unteren drei Ebenen dienen als Ausstellungsflächen für mediale Präsentationen, in den übrigen Geschossen wurden Büros sowie Seminar- und Schulungsräume integriert. Markante Details sind dabei die organisch geschnittenen Deckenöffnungen, die im Verbund mit den geschwungenen Fensterbändern eine eindrucksvolle und auch funktional überzeugende Raumskulptur ergeben. In einigen Bereichen fühlt man sich dabei wie in einer Replik des legendären Merzbaus von Kurt Schwitters. Ebenso fügen sich auch sämtliche Möbel, Leuchten und alle übrigen Raumelemente konsequent in das biomorphe Gestaltungskonzept ein. Den Architekten ist auf diese Weise ein wunderbares Gesamtkunstwerk und eines der spannendsten Berliner Architekturprojekte der vergangenen Jahre gelungen. Gerne mehr davon!

© Text + Foto: Robert Uhde

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