“Ein Modell für Bremens Zukunft”

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  1. Architekturjournalismus

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Ausstellung über die Bremer Überseestadt in den Kunstsammlungen Böttcherstraße

Baumwolle, Wein, Kaffee, Tabak, Holz, Erz, Kohle, Autos oder Lokomotiven – mehr als einhundert Jahre lang schlug das Herz der bremischen Wirtschaft in seinen Häfen. Doch wie in vielen anderen Metropolen auch, haben in den letzten Jahrzehnten zunehmend größer werdende Schiffe und moderne Umschlagtechniken langsam aber sicher zu einer Aufgabe stadtnaher Hafenbecken geführt. In Bremen war es dabei ein 1991 vorgestelltes Gutachten, das die Schließung des Areals nach sich zog. Doch inzwischen regt sich neues Leben: Auf Grundlage des jetzt vorgestellten Masterplanes der Bremer Architekten Prof. Schomers und Schürmann soll das ehemalige Hafengebiet bis zum Jahr 2019 zu einem neuen Stadtteil umgewandelt werden, der unter dem Leitbild einer “vernetzten Stadt mit hochentwickeltem Gewerbe, neuen Dienstleistungen und modernen Lebensformen” verschiedene Stadtquartiere mit eigenständigen Charakteren vorsieht.

Der im Rahmen der Ausstellung in den Kunstsammlungen Böttcherstraße jetzt erstmals der Öffentlichkeit präsentierte Masterplan konkretisiert die Vision “Überseestadt” und liefert dabei Informationen über die Nutzungsmöglichkeiten der verschiedenen Quartiere sowie über Perspektiven der baulichen Ausgestaltung. Im Zentrum der Schau steht ein fast 7 Meter langes und 1,8 Meter breites, kunstvoll illuminiertes Modell, das den neuen Stadtteil im Maßstab 1:1000 zeigt. Darüber hinaus werden Texte, Pläne, Schaubilder, aufwändige Computer-Visualisierungen und Rückblicke in die Vergangenheit der stadtbremischen Häfen gezeigt. Um die europäische Dimension des Vorhabens zu dokumentieren, fand außerdem eine Vortragsreihe mit Kees Christiaanse (Rotterdam), Benedetta Tagliabue (Barcelona), Jörn Walter (Hamburg) und Jan Christiansen (Kopenhagen) statt.

Wesentliche Bestandteile der mit einer Gesamtfläche von 288 ha größten städtebaulichen Planung Europas sind die wasserbezogenen Lagen am Weserufer und am Europahafen sowie die enge Anbindung an die historische Bremer Altstadt. Als Zonen besonderer baulicher Entwicklung sind der Bereich des Weserbahnhofs, die Kajen um den Europahafen, die Uferzonen und Kajen am Wendebecken sowie das Überseetor vorgesehen. Um die Aufenthaltsqualität des wassernahen Quartiers zu stärken und die Gliederung der Überseestadt in einzelne Stadtquartiere zu unterstützen, sollen außerdem besondere Grün- und Straßenräume in den Binnenlagen wie in der Hafenvorstadt oder im Überseepark entstehen.

Die im Masterplan entwickelte Nutzungsverteilung innerhalb des neuen Stadtteils integriert sowohl den bereits bestehenden Unternehmensbestand als auch das Potenzial, das sich aus den im Masterplan formulierten Perspektiven ergibt. Über die gesamte Fläche ist dabei eine GFZ von 1,8 als Richtwert vorgesehen. Besondere Verdichtungen mit der Möglichkeit zur Errichtung großflächiger Landmarken oder Hochhäuser schlagen die Planer insbesondere am Weserbahnhof, am Überseetor und im Überseepark vor. In den übrigen Quartieren sollen sich Baudichte und -höhe an den vorhandenen Strukturen orientieren – in der Regel als vier- bis sechsgeschossige Bauten mit hohen Erdgeschossen und einem Staffelgeschoss.

Weitgehend abgeschlossen ist inzwischen die Umnutzung des unter Denkmalschutz stehenden Speichers XI im Quartier “Holz- und Fabrikenhafen” – einem der zentralen Symbole für die Umstrukturierung des ehemaligen Hafenareals. Nach rund zwei Jahren Umbauzeit hat sich in dem zwischen 1908 und 1912 erbauten, rund 400 Meter langen Riegel als erster neuer Nutzer die Hochschule für Künste angesiedelt. In den kommenden Monaten sollen das Design-Zentrum Bremen, ein Museum, ein Infocenter der Überseestadt GmbH sowie diverse gastronomische Betriebe folgen. Der Anfang ist also gemacht.

© Text und Foto: Robert Uhde

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