“Kraftvolles Statement”

Created for EXEMPLUM Kundenmagazin Röben Tonbaustoffe in 2010

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Einfamilienhaus in Steensel (NL)

Seit Jahrhunderten träumen Bauherren und Architekten von Häusern mit direktem Bezug zur Natur. Von Häusern mit offenen Räumen, bei denen innen und außen nahtlos ineinander übergehen. Ein Höhepunkt dieser Entwicklung ist sicher das berühmte Farnsworth House von Mies van der Rohe aus dem Jahr 1951 – ein aufgeständerter Raum mit vier komplett gläsernen Fassaden, in dem allein ein geschlossener Block im Zentrum des Hauses den Bewohnern Intimität bietet. Trotz oder gerade wegen seiner Bahn brechenden Radikalität ist das Haus jedoch bis heute fast ein Einzelfall geblieben. Kein Wunder, denn ganz so offen mag trotz aller Liebe zur Natur dann doch kaum jemand wohnen.

Wie sich der Wunsch nach maximaler Transparenz überzeugend mit dem Anspruch auf Intimität und Geborgenheit verbinden lässt, zeigt das vom niederländischen Architekturbüro Bedaux de Brouwer geplante Einfamilienhaus für die Familie Van den Boogard in der Nähe von Eindhoven. Der am Rand der kleinen Gemeinde Steensel gelegene zweigeschossige Flachdachbau fügt sich mit seiner langgestreckten geometrischen Form und seiner markanten Fassade aus schwarzen Keramik-Klinkern und elegant profilierten Glasflächen sensibel in die waldreiche Landschaft ein. Von weitem wirkt das Haus dabei eher monumental und geschlossen, beim Näherkommen erscheint es durch die großen Glasflächen im Erdgeschoss und den Durchblick auf den großen Garten und den angrenzenden Wald zunehmend leichter.

Aufgrund der naturnahen Lage des Grundstücks war oberirdische Bruttogeschossfläche von vorn herein begrenzt. Um trotz dieser Einschränkung sämtliche gewünschten Funktionen mit ausreichend Raum zu integrieren, entschied sich Jacques de Brouwer in enger Ansprache mit den Bauherren dazu, das Haus in Form eines flachen, extrem langgestreckten schmalen Bandes mit einer Breite von 29 Metern und einer Tiefe von sieben Metern zu errichten. Alles in allem steht den Bewohnern eine Bruttogeschossfläche von 380 Quadratmetern zur Verfügung. Im überraschend hellen Erdgeschoss findet sich ein offenes und über Oberlichter zusätzlich belichtetes Raumgefüge. Wie an einer Perlenschnur aneinander gereiht liegen hier eine luftige Empfangshalle, eine großzügige Wohnküche und ein teilweise doppelgeschossiges Wohnzimmer sowie in entgegen gesetzter Richtung Schlafzimmer und Sauna. Alle Räume bieten durch ihre lineare Anordnung einen direkten Zugang zum Garten mit dem Schwimmbad und dem mit Koi-Karpfen besetzen Teich. Im Obergeschoss erschließt eine offene Galerie ein Gäste-/Arbeitszimmer mit Zugang zur Dachterrasse. Im Untergeschoss liegen zwei Gästezimmer sowie eine Doppelgarage.

Bereits in den beiden voran gegangenen Ausgaben des Exemplums haben wir über Projekte von Bedaux de Brouwer berichtet – zunächst über das Büro „Twelingskantor“ in Etten-Leur, dann über die Anwaltskanzlei in Tilburg. Beide Projekte wurden mit den Röben Keramik-Klinkern Faro schwarz errichtet. „Dieser sehr elegante und qualitativ hochwertige Stein hat sich langsam aber sicher zu unserem ‚Bürostein’ entwickelt“, meint Jacques de Brouwer lachend. „Ganz entscheidend ist dabei, dass er mit seinem leicht ins Anthrazitfarbene übergehenden Farbton der mit Abstand dunkelste auf dem Markt erhältliche Keramik-Klinker ist. Das war uns bei diesem Projekt besonders wichtig, denn wir wollten ganz bewusst ein eindeutiges Gegengewicht zur Leichtigkeit der großen Glasflächen sowie zur Landschaft schaffen.“ Um den homogenen Gesamteindruck der massiven Klinkerfassaden noch zu betonen und die keramische Ausstrahlung der Steine hervorzuheben, ließ der Architekt das im Läuferverband ausgebildete Mauerwerk durchgehend mit tief zurückliegenden anthrazitfarbenen Fugen ausbilden.

Die sorgfältige, mit viel Aufmerksamkeit für das Detail ausgeführte Planung hat sich ausgezahlt. Das Projekt überzeugte aber nicht nur die Bauherrenfamilie, es wurde auch für den bedeutenden Mies van der Rohe Award 2007 for European Architecture nominiert. Und es beeindruckte die Jury des jährlich vom Bond van Nederlandse Architecten ausgelobten BNA-Preises, die den Bau aufgrund seiner außergewöhnlichen Architektur einstimmig mit einem ersten Preis bedachte. Besonders angetan zeigte sich das Gremium von der hochwertigen und handwerklich hervorragend umgesetzten Materialisierung, durch die die markante Komposition des Volumens optimal in Szene gesetzt wird. Und davon, wie der Neubau auf harmonische Weise das Vokabular eleganter modernistischer Villen und Landhäuser weiterführt. „Anders als seine meist weißen Vorgänger ist diese ‚schwarze’ Villa aber deutlich introvertierter und wurde kompromisslos als architektonischer Wall über fast die gesamte Breite des Grundstückes in die umgebende Landschaft gesetzt.“ Als kraftvolles architektonisches Statement inmitten der Natur.

© Text + Foto: Robert Uhde

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